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Leistungen einer schweizerischen Pensionskasse in der Einkommensteuer

Eine Austrittsleistung, die von einer schweizerischen öffentlich-rechtlichen Pensionskasse nach dem 31. Dezember 2004 ausgezahlt wird, ist als “andere Leistung” mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern. Die erst durch das AltEinkG begründete Steuerpflicht verstößt weder gegen den Vertrauensschutzgrundsatz noch gegen das Rückwirkungsverbot. Die Austrittsleistung kann gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt besteuert werden.

Deutschland besitzt für die Austrittsleistung, die ein in Deutschland Ansässiger erhalten hat, das Besteuerungsrecht. Die Leistungen der PKBS sind als Leistungen einer gesetzlichen Rentenversicherung anzusehen. Die Austrittsleistung ist als andere Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtig und nicht gemäß § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei. Die Besteuerung der Austrittsleistung verstößt weder gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die bezogene Austrittsleistung ist jedoch gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern.

Die Versorgungsleistungen einer Schweizer Pensionskasse an einen vormals im Schweizer öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer, die auch auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhen, unterfallen weder dem Kassenstaatsprinzip mit einer Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Kassenstaat Schweiz gemäß Art.19 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (–DBA-Schweiz–) noch sind sie abkommensrechtlich als Ruhegehalt gemäß Art. 18 DBA-Schweiz anzusehen. Damit ist die Auffangnorm des Art. 21 DBA-Schweiz einschlägig, nach der die in den vorstehenden Artikeln nicht ausdrücklich erwähnten Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person nur in diesem Staat –im Streitfall Deutschland– besteuert werden können.

Die Leistungen der PKBS sind als Leistungen einer gesetzlichen Rentenversicherung anzusehen.

Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erbracht werden, sind als sonstige Einkünfte mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Zu diesen Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gehören auch Leistungen aus ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen.

Bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts ist stets eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht vorzunehmen. Vergleichbarkeit von Alterseinkünften ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgebliche Gesichtspunkte sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis.

Das wesentliche Charakteristikum der Einkünfte des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist, dass sie die sog. erste Schicht des von der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen der Neuregelung zugrunde gelegten “Drei-Schichten-Modells” bilden und der Basisversorgung des Versicherten dienen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind wesentliche Merkmale der Basisversorgung die Zahlung der Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. bei Erwerbsunfähigkeit und die Funktion als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung. Die tatsächliche Verwendung als Altersversorgung wird dadurch grundsätzlich sichergestellt, dass die Rentenversicherungsansprüche nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind. Weitere Merkmale sind, dass die Beitragszahlungen auf einer gesetzlichen Anordnung beruhen, die Versicherung für den betroffenen Personenkreis obligatorisch ist und die Leistungen als Leistungen öffentlich-rechtlicher Art zu erbringen sind.

Zum schweizerischen Recht hat das Finanzgericht die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den BFH daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen getroffen, dass die PKBS die berufliche Vorsorge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staates und der angeschlossenen Institutionen bezweckt und die Versicherten und deren Angehörige gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod und Invalidität schützt. Die Klägerin hat aufgrund der gesetzlich angeordneten Mitgliedschaft in der PKBS Ansprüche sowohl auf obligatorische als auch auf überobligatorische Leistungen. Zu diesen Leistungen gehören neben den Alters- und Invalidenrenten (§§ 30 bis 35 PKG) und den Hinterlassenen- und andere Leistungen (§§ 38 bis 44 PKG) auch die Austrittsleistungen (§§ 19 bis 20a PKG) sowie die Austrittsentschädigung für Wohneigentum (§ 20b PKG).

Die obligatorische Vorsorge wird zudem durch das BVG garantiert, da die Pensionskasse in jedem Fall die Mindestleistungen des BVG gewährt. Hierzu zählen Altersleistungen (Art. 13 bis 17 BVG), Hinterlassenenleistungen (Art. 18 bis 22 BVG), Invalidenleistungen (Art. 23 bis 26a BVG), die Wohneigentumsförderung (Art. 30a bis 30g BVG) sowie die Freizügigkeitsleistungen, die im FZG geregelt sind. Der Anspruch auf Austrittsleistung ergibt sich aus Art. 27 BVG i.V.m. Art. 15 ff. FZG.

Die obligatorischen und überobligatorischen Leistungen werden unterschiedlich berechnet. Die überobligatorischen Leistungen aufgrund des PKG sind im Regelfall höher als die obligatorischen aufgrund des BVG, insbesondere weil die PKBS die Altersleistungen in der Abteilung – I nicht dem Beitragsprimat, sondern dem Leistungsprimat unterstellt hat; die PKBS garantiert aber in jedem Fall die Mindestleistungen des BVG.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erläuterungen ist die Austrittsleistung –unabhängig davon, ob sie aus dem Obligatorium oder dem Überobligatorium stammt– als Leistung einer gesetzlichen Rentenversicherung i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusehen.

Die an die PKBS zu erbringenden Beitragszahlungen beruhten auf einer gesetzlichen Anordnung: Gemäß § 16 PKG hatte das Mitglied grundsätzlich einen wiederkehrenden Betrag von 8 % des anrechenbaren Lohnes zu leisten.

Die Mitgliedschaft in der PKBS ist obligatorisch: Nach § 4 PKG gehören die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (des Basler Staatspersonals) der Kasse als Mitglieder an, sofern sie nach den Bestimmungen des BVG der obligatorischen Versicherung unterstellt sind.

Das Rechtsverhältnis mit der PKBS entspricht einem öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen einer öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgeeinrichtung und einem versicherten Arbeitnehmer. Sowohl in der obligatorischen als auch in der überobligatorischen beruflichen Vorsorge beruhen die Rechtsbeziehungen mit der öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtung PKBS nicht auf einem Vorsorgevertrag, sondern wurden unmittelbar durch das PKG in Verbindung mit dem BVG und FZG begründet.

Auch die Leistungen der PKBS stimmen im Wesentlichen mit denen der deutschen Rentenversicherung überein.

Entscheidend ist, dass sowohl die obligatorischen als auch die überobligatorischen Leistungen der PKBS –ebenso wie die Leistungen der deutschen Rentenversicherung– darauf ausgerichtet sind, die Sicherung des Lebensunterhalts im Alter oder für die Hinterbliebenen zu gewährleisten. Dass das PKG ebenso wie das BVG für die Versicherten bei der obligatorischen Vorsorge zusätzliche Leistungen vorsieht und auch bestimmte Kapitalleistungen erlaubt, ändert nichts an der grundsätzlichen Einordnung einer Versorgungseinrichtung als gesetzliche Rentenversicherung, solange die unterschiedlichen Leistungen –insbesondere die Kapitalisierungsmöglichkeiten– den gesetzlich vorgesehenen Umfang nicht überschreiten.

Dies ist bei den von der PKBS gewährten Leistungen nicht der Fall.

Zwar fördert die PKBS auch die Bildung des Wohneigentums (Art. 30c BVG, § 20b PKG). Die Wohneigentumsförderung ist indes nach Schweizer Recht eine besondere Form der Altersversorgung und mit den Regelungen der §§ 92a ff. EStG vergleichbar. Zudem ist durch die Regelung in Art. 30d Abs. 1 BVG, wonach der bezogene Betrag im Falle der Veräußerung des Wohneigentums zurückzuzahlen ist, gewährleistet, dass der Betrag auch nicht mittelbar frei verfügbar wird.

Ebenso ist es daher unerheblich, wenn das schweizerische Recht von dem Grundsatz, dass der Leistungsanspruch vor Fälligkeit weder verpfändet noch abgetreten werden kann (Art. 39 BVG), insoweit gemäß Art. 30b BVG, eine Ausnahme macht.

Ein anderer Leistungsunterschied im Vergleich zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung liegt darin, dass der Versicherte gemäß Art. 37 Abs. 2 BVG ein Viertel seines Altersguthabens als Kapitalabfindung erhalten kann. Dieses Wahlrecht ändert jedoch nichts daran, dass die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet sind, wie in Art. 37 Abs. 1 BVG ausdrücklich geregelt ist.

Entsprechendes gilt für die streitgegenständliche Barauszahlung der Austrittsleistung in den Fällen des § 20 Abs. 3 PKG bzw. Art. 5 Abs. 1 FZG, die –wie das Finanzgericht ausgeführt hat– als Ausnahmeregelung nach der Beendigung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit in der Schweiz den Zweck hat, den Aufbau einer eigenen wirtschaftlichen Existenz zu ermöglichen.

Insgesamt betreffen die gerade aufgezeichneten Leistungsunterschiede nur Randbereiche des Vorsorgeangebots der Pensionskasse, die den gesetzlich vorgezeichneten Umfang nicht überschreiten und die nichts an der –mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmenden– Grundausrichtung des BVG und des PKG ändern, den Lebensunterhalt der Mitglieder im Alter und für die Hinterbliebenen zu sichern.

Dass im vorliegenden Fall die Klägerin Leistungen von der PKBS erhalten hat, die über das nach dem BVG garantierte Obligatorium hinausgehen, ändert ebenfalls nichts an der Einordnung der PKBS als Versicherung der Basisversorgung. Auch die deutsche gesetzliche Rentenversicherung kannte in der Vergangenheit eine Höherversicherung (vgl. § 234 SGB VI). Ebenso ermöglichen die –ebenfalls der sog. ersten Schicht zuzurechnenden– berufsständischen Versorgungswerke eine freiwillige Höherversicherung und erbringen zudem in der Regel bessere Leistungen als die gesetzliche Rentenversicherung.

Damit ergibt die rechtsvergleichende Qualifikation, dass die PKBS mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist, so dass ihre Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern sind.

Die Austrittsleistung der PKBS ist eine “andere Leistung” i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG, obwohl sie keine wiederkehrende Leistung i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG ist.

Der Besteuerungsgegenstand der sonstigen Einkünfte des § 22 EStG wird seit Inkrafttreten des lterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 05.07.2004 für die Fallgruppen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG autonom durch die Begriffe “Leibrenten und andere Leistungen” in Verbindung mit den Aufzählungen und Definitionen in den nachfolgenden Doppelbuchst. aa und bb umschrieben. “Andere Leistungen” i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG liegen damit unabhängig davon vor, ob sie auch die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG erfüllen, insbesondere wiederkehrend sind. Das hat zur Konsequenz, dass auch einmalige Kapitalleistungen als “andere Leistungen” i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerpflichtig sind, sofern die Voraussetzungen von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa oder bb EStG erfüllt sind.

Dieses Ergebnis entspricht zunächst dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, da der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG den Steuergegenstand bewusst um “andere Leistungen” erweiterte, um Kapitalleistungen besteuern zu können, die andernfalls nicht steuerbar gewesen wären. Die Einbeziehung von Einmalleistungen in die Besteuerung entspricht vor allem dem Sinn und Zweck der durch das AltEinkG normierten nachgelagerten Besteuerung, wonach Altersbezüge der Besteuerung unterliegen, sofern die Beiträge, auf denen sie beruhen, aus unversteuertem Einkommen stammen oder zu einer steuerlichen Entlastung geführt haben. Dies gilt unabhängig von der Form ihrer Auszahlung, also unabhängig davon, ob sie einmalig oder laufend geleistet werden.

Die Austrittsleistung ist nicht gemäß § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei.

Nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage waren gemäß § 3 Nr. 3 EStG Kapitalabfindungen aufgrund der gesetzlichen Rentenversicherung und aufgrund der Beamten-((Pensions-))Gesetze steuerfrei. Die Begrenzung der Steuerfreiheit auf gesetzlich normierte Abfindungen und Beitragsrückerstattungen durch § 3 Nr. 3 Buchst. a bis d EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 gilt erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006, so dass die Neuregelung im Streitjahr nicht zur Anwendung kommt. Dennoch ist die Austrittsleistung der Klägerin nicht steuerbefreit.

Die Steuerfreiheit scheitert nicht daran, dass es sich um die Kapitalabfindung einer schweizerischen Pensionskasse handelt. § 3 Nr. 3 EStG enthält keine Beschränkung auf die Leistungen eines inländischen Versorgungsträgers. Die Kläger weisen zudem zu Recht darauf hin, dass der Begriff der gesetzlichen Rentenversicherung in den Vorschriften der §§ 10 und 22 EStG nicht anders als der identische Begriff in § 3 Nr. 3 EStG ausgelegt werden kann.

Die Austrittsleistung ist jedoch keine mit einer Kapitalabfindung der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung i.S. des § 3 Nr. 3 EStG vergleichbare Leistung.

Die Anwendung des § 3 Nr. 3 EStG auf eine Kapitalleistung einer entsprechenden ausländischen Rentenversicherung ist nur gerechtfertigt, wenn diese ausländische Kapitalleistung wie eine von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gewährte Kapitalabfindung qualifiziert werden könnte. Das bedeutet, die Leistungen müssen sich im Wesentlichen entsprechen und demselben Zweck dienen.

Die Kapitalabfindung eines Rentenanspruchs bei endgültigem Verlassen des Hoheitsgebiets ist dem deutschen Rentenversicherungssystem fremd. Kapitalabfindungen werden nur ausnahmsweise gemäß § 107 SGB – VI im Falle der Wiederverheiratung von Witwen/Witwern geleistet. Ziel dieser Regelungen ist es, den mit der erneuten Eheschließung eingetretenen Verlust des Anspruchs auf Witwen-/Witwerrente bzw. Versorgungsbezüge auszugleichen.

Die Kapitalabfindungen der deutschen Versorgungssysteme kompensieren damit den Wegfall der bestehenden Renten- oder Versorgungsansprüche. Sie sind mit der Barauszahlung der Austrittsleistung nicht vergleichbar, die nicht für den Verlust des Anspruchs auf Versorgungsleistungen gewährt wird, sondern vielmehr einen Auszahlungsmodus von erworbenen Ansprüchen darstellt, wenn die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 FZG bzw. des § 20 Abs. 3 PKG erfüllt sind.

Die Unterschiedlichkeit der Leistungen zeigt sich zudem darin, dass gemäß § 19 Abs. 2 PKG die Höhe der Austrittsleistung der Klägerin dem Barwert der erworbenen Leistungen entspricht; mindestens umfasst die Austrittsleistung die vom Mitglied persönlich geleisteten Beiträge zuzüglich eines Zuschlags von 4 % pro Altersjahr nach dem 20. Altersjahr, wobei die Austrittsleistung in Höhe des BVG-Guthabens stets garantiert ist (§ 19 Abs. 5 PKG), während die Witwen-/Witwerrente pauschal das Vierundzwanzigfache der Monatsleistung beträgt (vgl. § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

Dem Ergebnis, dass die Kapitalabfindung einer schweizerischen Pensionskasse nicht mit der steuerfreien Kapitalabfindung der deutschen Rentenversicherung gemäß § 3 Nr. 3 EStG vergleichbar ist, steht auch nicht der BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1275 entgegen. Zwar könnte die dort gewählte Formulierung, eine Kapitalabfindung i.S. des § 3 Nr. 3 EStG liege vor, wenn die Abfindung zur Abgeltung eines Renten- oder Pensionsanspruchs geleistet werde, so verstanden werden, dass auch die Austrittsleistung der Klägerin, die zur Abgeltung ihrer Versorgungsansprüche gezahlt wird, darunter fallen könnte. Die in dem BFH, Beschluss gewählte Formulierung ist jedoch in ihrem Kontext zu sehen. Es war über die Auszahlung eines Teils des Altersguthabens zur Förderung des Wohneigentums zum eigenen Bedarf gemäß Art. 30c BVG zu urteilen. Der BFH sah die Leistung nicht als Ersatz für den Fortfall eines Renten- oder Pensionsanspruchs an, sondern als Leistung einer dem Berechtigten zustehenden Rente in lediglich veränderter Zahlungsweise, nämlich in kapitalisierter Form. Einer weiteren Differenzierung bedurfte es daher in dem Beschluss nicht.

Die durch das AltEinkG ohne Übergangsregelung eingeführte Steuerpflicht für Kapitalabfindungen verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Änderung der Rentenbesteuerung durch das AltEinkG den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt und einer einzelfallbezogenen Abwägung der wechselseitigen Interessen standhält.

Dieses Ergebnis gilt nicht nur für die Neuordnung der Besteuerung der laufenden Renten, sondern auch für die Besteuerung von einmaligen Kapitalabfindungen und wird durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur unechten Rückwirkung bestätigt.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maße Rechnung zu tragen. Bei der notwendigen Interessenabwägung zwischen dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Disposition (im Streitfall dem Eintritt der Klägerin in die schweizerische Pensionskasse) und dem Gemeinwohlinteresse an der Änderung der Alterseinkünftebesteuerung ist zwar zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen der Neuregelung bei einer einmaligen Kapitalleistung –wie bei der Austrittsleistung der Klägerin– besonders gravierend sind. Es wurde nicht lediglich der steuerpflichtige Anteil einer Rente erhöht, vielmehr wurde die Austrittsleistung einer schweizerischen Pensionskasse erstmals durch die Neufassung des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerpflichtig. Hatte ein Steuerpflichtiger einer schweizerischen Pensionskasse nämlich ohne Unterbrechung mindestens zwölf Jahre angehört, konnte er bis Ende 2004 die Kapitalabfindung steuerfrei vereinnahmen. Dies traf auch auf die Klägerin zu, die seit 1990 Mitglied einer schweizerischen Pensionskasse war. Ab 2003 hätte sie unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 PKG bzw. Art. 5 Abs. 1 FZG die Barauszahlung ihrer Austrittsleistung insoweit steuerfrei vereinnahmen können. Damit hatte sie bereits eine Position inne, die über eine –(vertrauens-)rechtlich nicht besonders geschützte– Erwartungshaltung hinausging, Leistungen später steuerfrei vereinnahmen zu können.

Die nachträgliche Entwertung dieser bereits verfestigten Position ist aber gerechtfertigt, da eine gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte verfassungsrechtlich geboten war. Die verfassungsrechtlich geforderte Beseitigung der Ungleichbehandlung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte konnte nur erreicht werden, wenn alle Alterseinkünfte der nachgelagerten Besteuerung unterworfen wurden. Nachgelagerte Besteuerung bedeutet aber, dass nach der gesetzlichen Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG die Zuflüsse aus dem Vermögen, das aus Beiträgen aufgebaut wurde, die die Steuerbelastung des Steuerpflichtigen in der Beitragsphase gemindert haben, sowie die Wertsteigerungen dieses Vermögens vom Gesetzgeber als steuerpflichtiges Einkommen angesehen werden. Das muss sowohl für die Zuflüsse in der Form von Renten gelten, die nicht mehr nur mit dem Ertragsanteil der Besteuerung unterliegen, als auch für den Zufluss einer Einmalzahlung. Eine Nichteinbeziehung der Kapitalabfindungen, die auf steuerlich entlasteten Beiträgen beruhen, in die gesetzliche Neuregelung hätte zu einem Systembruch in Gestalt ungerechtfertigter Bevorzugung geführt.

Der Grundsatz von Treu und Glauben fordert nicht die Beibehaltung der bisherigen steuerlichen Handhabung der Austrittsleistungen durch die baden-württembergische Finanzverwaltung.

Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat. Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Ein schützenswertes nachhaltiges Vertrauen in den Fortbestand der früheren Rechtsauffassung ist demzufolge nur dann und solange gegeben, als der Steuerpflichtige nicht mit ihrer Änderung rechnen musste oder ihm zumindest Zweifel hätten kommen müssen.

Im Streitfall fehlt es an einem diesen Grundsätzen entsprechenden Vertrauenstatbestand, auf den sich die Klägerin hätte berufen können und der ursächlich für ihre Disposition –den Antrag auf Barauszahlung der Austrittsleistung im Jahr 2005 zu stellen– war.

Der Vertrauenstatbestand, auf den die Klägerin ihre Disposition gründete, war eine Verwaltungspraxis, deren gesetzliche Grundlage mit dem Inkrafttreten des AltEinkG, das die steuerliche Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen sowie die Besteuerung der Alterseinkünfte grundlegend neu regelte, entfallen war. Ein berechtigtes Vertrauen auf einen Fortbestand der Verwaltungspraxis in dem OFD-Bezirk über den 31.12.2004 hinaus konnte sich bei der Klägerin infolgedessen nicht bilden.

Selbst wenn den Klägern dahingehend gefolgt würde, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Austrittsleistung am 31.07.2005 die Rechtslage trotz des in Kraft befindlichen AltEinkG noch nicht geklärt gewesen sei, weil die OFD Karlsruhe erstmals in der Verfügung vom 19.09.2005 zur steuerlichen Behandlung von Einmalauszahlungen aus einer schweizerischen Pensionskasse aufgrund der gesetzlichen Neuregelung Stellung genommen und diese nunmehr im Gegensatz zur früheren Behandlung als steuerpflichtige Renten behandelt habe, fehlt es dennoch an einer ausreichenden Vertrauensbasis für eine Disposition der Klägerin.

Der Bundesfinanzhof hat bereits mehrfach entschieden, dass bei einer noch nicht geklärten Rechtslage kein Vertrauenstatbestand gegeben ist.

Die bezogene Austrittsleistung kann jedoch gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt besteuert werden, weil sie eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten darstellt.

§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gilt seit der Ersetzung des Begriffs “Entlohnung” durch den der “Vergütung” auch für Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG.

Da die mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG jedes sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckende, der Erzielung von Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG dienende Verhalten ist, muss bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG auf die Beitragszahlungen in die Einrichtungen der Basisversorgung (u.a. gesetzliche Rentenversicherungen, berufsständische Versorgungseinrichtungen) abgestellt werden. Nur aufgrund dieser Beitragsleistungen können später Leibrenten und andere Leistungen vereinnahmt werden. Im Streitfall kann aus der nunmehr maßgeblichen Sicht des AltEinkG kein Zweifel am Vorliegen eines mehrjährigen auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Verhaltens bestehen, da die Austrittsleistung der Klägerin auf ihren von 1990 bis einschließlich 2005 geleisteten Beiträgen beruht.

Zur notwendigen Unterscheidung der außerordentlichen Einkünfte des § 34 EStG von den Einkünften, die der Regelbesteuerung unterliegen, setzen alle Tatbestände des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus.

Dies rechtfertigt sich aus dem Zweck der Regelung, Progressionsnachteile auszugleichen. Deshalb sind außerordentliche Einkünfte grundsätzlich nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem einzigen Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen.

Diese Zusammenballung ist hier gegeben. Die auf den Beitragszahlungen bis 2005 beruhende gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtige Austrittsleistung wurde im Streitjahr vollständig ausgezahlt – mit dem entsprechenden nachteiligen Progressionseffekt.

Um dem Charakter der außerordentlichen Einkünfte gemäß § 34 EStG Rechnung zu tragen, darf die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entsprechen.

Zwar war die Geltendmachung der Kapitalabfindung hier “vertragsgemäß”, weil sowohl das PKG als auch das FZG eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsahen. Sie war aber atypisch, da wesentliches Charakteristikum der von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfassten Einkünfte ist, dass sie der Basisversorgung des Versicherten dienen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden BFHs sind wesentliche Merkmale der Basisversorgung, dass die Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. bei Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dienen. Die tatsächliche Verwendung als Altersversorgung wird dadurch grundsätzlich sichergestellt, dass die Rentenversicherungsansprüche nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind. Für den Bereich der Basisversorgung sind daher ausschließlich Rentenzahlungen typisch. Kapitalauszahlungen wie die Austrittsleistung der Klägerin stellen lediglich eine eng begrenzte Ausnahmeregelung dar, die im Streitfall auf der Qualifikation der PKBS als gesetzliche Rentenversicherung beruht.

Dass der Gesetzgeber auch im Bereich der Altersvorsorge ein Bedürfnis nach progressionsmildernden Regelungen für den Fall des Bezugs von Einmalleistungen sieht, zeigt die Rechtsentwicklung bei Leistungen aus Kapitallebensversicherungen: Im Rahmen der Beratungen des AltEinkG hatte der Finanzausschuss zunächst vorgesehen, für Einkünfte aus Kapitallebensversicherungen, die aufgrund der seinerzeit vorgenommenen Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG künftig steuerpflichtig sein sollten, die Progressionswirkung durch Schaffung eines § 34 Abs. 2 Nr. 6 EStG abzumildern. Durch den Vermittlungsausschuss wurde diesem Anliegen indes dadurch –weitergehend– Rechnung getragen, dass anstelle einer Regelung in § 34 EStG unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG lediglich die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge anzusetzen ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Oktober 2013 – X R 33/10

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